- Bajaj hält nun rund 74,9 Prozent der Anteile an der bisherigen PIERER Mobility AG.
- Umbenennung der Holding in Bajaj Mobility AG sowie Verlegung des Sitzes nach Mattighofen.
- Konzern wird als reine Holding neu ausgerichtet, operative Bereiche bleiben bei den Tochterunternehmen.
Eigentümerwechsel und neue Konzernstruktur
Mit der Ausübung einer bereits im Frühjahr 2025 vereinbarten Call-Option hat Bajaj Auto International Holdings B.V. die alleinige Kontrolle über die Pierer Bajaj AG übernommen. Die Übertragung der Anteile der Pierer Industrie AG fand Mitte November statt und führte dazu, dass Bajaj nun mittelbar rund 74,9 Prozent der Aktien der bisherigen PIERER Mobility AG hält. Die EU-Kommission und die österreichische Übernahmekommission hatten der Transaktion zuvor zugestimmt.
Der Eigentümerwechsel erfolgt inmitten einer Phase wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Motorradherstellers KTM. Bajaj hatte bereits im Mai 2025 eine Kapitalzufuhr in Höhe von 800 Millionen Euro, umgerechnet rund 855 Millionen Dollar, geleistet, um die finanzielle Stabilität des Konzerns sicherzustellen. Diese Maßnahme bildete die Grundlage für die nun abgeschlossene Übernahme.

Umbenennung zur Bajaj Mobility AG und organisatorischer Umbau
Im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung wurde der neue Firmenwortlaut beschlossen: Aus der PIERER Mobility AG wird die Bajaj Mobility AG. Gleichzeitig verlegt die Holding ihren Sitz von Wels an den Produktionsstandort Mattighofen. Der Wandel markiert eine deutliche Abkehr von der Ära des langjährigen Unternehmenslenkers Stefan Pierer, dessen Name vollständig aus der Konzernstruktur verschwindet.
Die neue Satzung definiert die Gesellschaft künftig als Holdingunternehmen. Der Fokus liegt auf der Verwaltung von Beteiligungen, zentralen Dienstleistungen sowie möglichen Kapitalmaßnahmen. Die operative Wertschöpfung, darunter Fertigung, Entwicklung und Rennsport, bleibt den Tochterunternehmen überlassen. Zudem wurde das genehmigte Kapital deutlich erhöht, was dem Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats Spielraum für zukünftige Investitionen und Beteiligungen verschafft.
Mit dem Umbau geht auch eine Neuordnung des Aufsichtsrats einher. Die von der Pierer Industrie AG entsandten Mitglieder sind zurückgetreten. Neu besetzt wurde das Gremium unter anderem mit Pradeep Shrivastava, Executive Director bei Bajaj Auto, sowie dem österreichischen Juristen Wolf Gordian Hauser. Weitere Vertreter von Bajaj hatten bereits zuvor Mandate übernommen.
Aussagen zur zukünftigen Rolle Österreichs
Bei einem Treffen mit einer österreichischen Wirtschaftsdelegation betonte Bajaj-CEO Rajiv Bajaj die Bedeutung des Standorts Mattighofen für KTM. Das Zitat „KTM wird immer ein österreichisches Unternehmen bleiben, das führend in Forschung, Design, Entwicklung, Engineering, Racing sowie in der Produktion und dem Vertrieb erstklassiger großer und spezialisierter Motorräder in bevorzugten Märkten sein wird“ unterstrich diese Position.
Die Aussagen sollen Befürchtungen entkräften, wonach zentrale Bereiche des Unternehmens künftig nach Indien verlagert werden könnten. Vertreter der Politik werteten die Aussagen als Signal für Kontinuität. Dennoch bleibt offen, wie stark sich der Einfluss der neuen Eigentümer langfristig auf Produktentwicklung, Investitionen und strategische Entscheidungen auswirkt.
Produktion und Effizienz: Vergleich der Standorte
Ein Blick auf die Produktionszahlen zeigt deutliche Unterschiede zwischen Österreich und Indien. Im indischen Werk in Pune fertigen rund 1.000 Beschäftigte etwa 200.000 Motorräder pro Jahr. In Österreich sind dafür etwa 4.000 Mitarbeiter erforderlich, die jährlich rund 230.000 Einheiten produzieren. Die diskrepanten Kapazitäten deuten auf strukturelle Vorteile des indischen Standorts hin, die bei künftigen Entscheidungen eine Rolle spielen könnten.
Kleinere Modelle von KTM werden bereits seit längerer Zeit in Indien gebaut. Die Fertigung großer, leistungsstarker und spezialisierter Motorräder soll laut Unternehmensangaben weiterhin im Innviertel erfolgen. Bajaj-Vertreter äußerten jedoch, dass eine höhere Effizienz der österreichischen Produktion notwendig sei.
Auswirkungen auf Marken, Mitarbeiter und Konzernstrategie
Für die Marken KTM, Husqvarna und GASGAS bleiben Struktur und operative Arbeit zunächst unverändert. Die angekündigten Effizienzprogramme und die stärkere Integration in die globale Konzernlogik könnten jedoch mittelfristig Auswirkungen auf Abläufe und Entscheidungswege haben. Die neue Holdingstruktur ermöglicht Bajaj eine zentrale Steuerung über Beteiligungen und Dienstleistungen, was das Selbstverständnis des Konzerns langfristig verändern kann.
Die KTM-Welt befindet sich damit in einer Phase des Übergangs. Die Marke bleibt bestehen, der Standort Mattighofen weiterhin von hoher Bedeutung. Gleichzeitig verschieben sich Entscheidungswege, und die internationale Ausrichtung wird intensiviert. Welche konkreten Folgen sich daraus ergeben, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen.


