Übernahmedetails: Sanierungsverfahren und Finanzspritze
Hintergrund der Übernahme ist die finanzielle Schieflage, in die die KTM AG Ende 2024 geraten war. Im Rahmen eines Sanierungsverfahrens einigten sich Gläubiger auf eine Rückzahlung von nur 30 Prozent der ursprünglich rund 1,6 Milliarden Euro (ca. 1,7 Milliarden US-Dollar) Schulden. Bajaj stellte mit einer Finanzierung von insgesamt rund 800 Millionen Euro (etwa 870 Millionen US-Dollar) einen Großteil der erforderlichen Mittel bereit. Die entscheidende Kontrolle erlangt Bajaj durch eine Call-Option, mit der der bisherige Minderheitsaktionär die Mehrheit an der KTM-Muttergesellschaft Pierer Mobility übernehmen kann. Laut Übernahmekommission ist dafür kein Pflichtangebot an die übrigen Aktionäre nötig – ein Schritt, der durch eine Ausnahmebestimmung im Sanierungsrecht möglich wurde.
Drastischer Sparkurs: Verwaltung und Entwicklung besonders betroffen
Rajiv Bajaj, CEO von Bajaj Auto, hat bereits einen deutlichen Sparkurs angekündigt. Demnach sollen die sogenannten Overhead-Kosten – also Verwaltung, Marketing und Entwicklung – um mehr als 50 Prozent gesenkt werden. Besonders kritisch: Von den rund 4.000 KTM-Mitarbeitern sind etwa 3.000 im Büro beschäftigt und nur rund 1.000 direkt in der Produktion tätig. Dieses Verhältnis bezeichnete Bajaj als „perplexing“. Er kündigte an, die Strukturen in Mattighofen zu „rationalisieren“. Zitat Bajaj: „Es gibt bei KTM zu viele Manager, die Manager managen.“
Hinter dieser „Effizienzsteigerung“ verbirgt sich vor allem Stellenabbau, der gerade in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Produktstrategie erfolgen soll – also genau dort, wo KTM traditionell als innovativ galt. Für viele Beschäftigte bedeuten die Veränderungen Unsicherheit und die Gefahr eines massiven Jobverlusts. Die Verwaltung am Standort Mattighofen soll deutlich reduziert werden. Geplant ist, hier bis zu 300 Millionen Euro (ca. 327 Millionen US-Dollar) einzusparen.
Standortpolitik: Produktion in Europa unter Druck
Ein weiterer zentraler Aspekt der neuen Strategie betrifft die Produktion. Bajaj macht keinen Hehl daraus, dass Kostendruck und globale Lieferketten künftig eine noch größere Rolle spielen sollen. Die Aussage von Rajiv Bajaj, „Europäische Fertigung ist tot“, lässt darauf schließen, dass die Verlagerung von Produktionsvolumen ins Ausland weiter vorangetrieben werden könnte. Zwar soll die Fertigung in Österreich laut aktuellen Aussagen erhalten bleiben, doch mittelfristig ist ein Abbau von Standorttreue zugunsten wirtschaftlicher Effizienz wahrscheinlich.
Im Zuge dessen wurde bereits die Produktion der zu KTM gehörenden Marke GasGas von Girona in Spanien nach Mattighofen verlagert. Die Herstellung der Motorräder für die Marken KTM, Husqvarna und GasGas erfolgt somit künftig am zentralen Standort in Österreich. Für die rund 20 Mitarbeiter der bisherigen GasGas-Produktion in Spanien bedeutet dies den Verlust ihres Arbeitsplatzes. Neueinstellungen in Mattighofen oder Munderfing sind dagegen nicht vorgesehen – das vorhandene Personal soll das zusätzliche Arbeitsvolumen auffangen.
Analyse: Zwischen Rationalisierung und Identitätsverlust
Bajaj begründet die Einschnitte mit einer notwendigen Sanierung, spricht von Fehlern des früheren Managements und sieht „drei Formen der Gier“ als Ursache für die Krise bei KTM: Überproduktion, fehlgeleitete Expansion in den Fahrradmarkt und mangelnde Kontrolle im Management. Mit der nun vollzogenen Machtübernahme sieht sich Bajaj in der Verantwortung, die Strukturen grundlegend zu reformieren und den Fokus auf Rentabilität zu legen.
Dies birgt allerdings Risiken. Insbesondere der geplante Personalabbau in den Bereichen Forschung und Entwicklung könnte das Know-how und die Innovationskraft des Unternehmens schwächen. Die Identität von KTM als Synonym für europäische Ingenieurskunst und Rennsportleidenschaft steht vor einer ungewissen Zukunft.
Während Bajaj das Ziel verfolgt, Kosten zu senken und die Marke profitabler zu machen, stellt sich die Frage, wie sich dies mit der bisherigen Unternehmensphilosophie und den hohen Ansprüchen der internationalen Kundschaft vereinbaren lässt.
Ausblick: Neue Führungsstruktur, unklare Zukunft
Mit der Installierung eines neuen Management-Teams, bestehend aus erfahrenen und neuen Kräften, setzt Bajaj auf Kontinuität und Wandel zugleich. Die wichtigsten Herausforderungen liegen nun in der Restrukturierung der Lieferkette, der Reduktion der Verwaltungskosten und der Wiederherstellung des Vertrauens in die Marke KTM. Die Produktion von Motorrädern soll zwar weiterhin in Österreich stattfinden, doch bleibt abzuwarten, wie sich der Sparkurs auf die Belegschaft, die Produktpalette und die Marktposition von KTM auswirken wird.
Die Zukunft der österreichischen Motorrad-Ikone hängt nun maßgeblich davon ab, wie geschickt der Spagat zwischen Effizienzsteigerung und dem Erhalt von Identität und Innovationskraft gelingt.

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